Offener Leserbrief an SZ.de und den Autor Malte Conradi
Liebe SZ, lieber Malte Conradi,
mein Job ist normalerweise nicht so interessant, als das die Medien detailliert darüber berichten würden. Ich arbeite für ein Steuerberatungsunternehmen im Bereich der Verrechnungspreise und die Nuancen des deutschen Steuersystems sind nun nicht gerade „sexy“.
Heute habe ich auf SZ.de einen Artikel gelesen, bei dem es sehr stark um Verrechnungspreise geht. Die Geschichte handelt von Starbucks und wie viele Steuern Starbucks in den letzten Jahren in Deutschland gezahlt hat. Starbucks wird darin schon in der Überschrift vorgeworfen „kreativ Steuern zu sparen“. Starbucks hat laut dem Artikel in Deutschland keinen Gewinn gemacht und daher auch keine Steuern bezahlt. Weiterhin sagt der Artikel: „Die Tricks, mit denen multinationale Konzerne wie Starbucks, Apple, Google oder Ikea es vermeiden, Gewinne, die sie in den Hochsteuerländern Europas erwirtschaften, auch dort zu versteuern, sind inzwischen bekannt.“. Weiterhin wurden diese „Tricks“ im weiteren Verlauf des Artikels genau beschrieben: „Zustande kam das dicke Minus offenbar durch zwei Buchungstricks: Zum einen zahlte Starbucks Deutschland gut sieben Millionen Euro Lizenzgebühren an eine Muttergesellschaft in den Niederlanden. Mit dem Geld sollen die Nutzung der Marke Starbucks sowie die Konzernsteuerung abgegolten werden. Hinzu kommen Zinszahlungen für Kredite der Schweizer Mutter. Zum anderen soll Starbucks Deutschland einen Aufschlag von 20 Prozent auf Kaffee-Lieferungen von einer Schweizer Schwestergesellschaft gezahlt haben.“
Und – zack – sind wir im Bereich der Verrechnungspreise. Verrechnungspreise sind die Preise, die zwischen verbundenen Unternehmen (d.h. Unternehmen eines Konzerns) für Warenlieferungen oder Leistungen bezahlt werden. Eike Hallitzky, grüner Landtagsabgeordneter stellt in seinem Zitat in dem Artikel zu Starbucks Verrechnungspreisen fest, dass die Starbucks-Gesellschaften sich auf die Konstruktionen nie einlassen würden, wenn sie nicht zum Starbucks-Konzern gehören würden und vermutet eine widerrechtliche Steueroptimierung. Und – zack – am Ende des Artikels bleibt beim Leser der Eindruck des bösen Unternehmens Starbucks, welches in Deutschland widerrechtlich gehandelt hat. Das Unternehmen ist ohne rechtliches Verfahren verurteilt, weil sich damit gut Schlagzeile machen lässt. Ein anderer Grund der Grünen um Sven Giegold und Eike Hallitzky nun selbst Jagd auf Starbucks machen, ein Unternehmen, welches hunderte Arbeitsplätze in Deutschland geschaffen hat, bleibt im Dunkeln.
Manch geneigter Leser wird sich nun denken, dass diese Großunternehmen ja sowieso mit diesem ganzen Mist durchkommen und man sie deswegen einfach an den Pranger stellen darf. Dem ist nicht so. Unsere lieben Politiker schaffen es immer wieder, unser kompliziertes Steuersystem noch weiter zu verkomplizieren und an diese vielen Regeln dürfen sich Unternehmen wie auch Starbucks dann halten. Es gibt viele Regeln, die Unternehmen hinsichtlich Verrechnungspreisen im Konzern einhalten müssen. Und nachdem sich niemand an Regeln freiwillig hält, werden die Unternehmen vom Staat kontrolliert, ob sie diese auch einhalten. Im Falle der Verrechnungspreise führt das dazu, dass die Finanzämter in Betriebsprüfungen Unternehmen kontrollieren, ob die Gesetze eingehalten werden. Sollte im Rahmen einer solchen Betriebsprüfung festgestellt werden, dass ein Unternehmen zu wenig Steuern gezahlt hat, muss es diese Steuern nachzahlen. Dies ist in Deutschland alles gesetzlich so festgelegt. Diese Seite fehlt dem Artikel von Malte Conradi allerdings komplett. Zum welchem Ergebnis kamen die Betriebsprüfungen bei Starbucks und wurden eventuell Steuerstrafverfahren eingeleitet? Der Artikel ist am Ende so ausgewogen, wie eine Geschichte über einen Angeklagten, ohne zu untersuchen, ob dieser überhaupt angeklagt bzw. zu welchem Urteil das Gericht kam. So wie ich unser Rechtssystem verstehe, ist man unschuldig, bis man verurteilt wurde. Starbucks ist ein Unternehmen welches sich auch nach der Lektüre des Artikels an alle Regeln unseres Landes hält und zudem noch Arbeitsplätze schafft. Lassen Sie die Leute bei Starbucks in Ruhe, damit ich weiterhin meinen Caramel Macchiato trinken kann! Ich habe vollstes Vertrauen, dass sich die Finanzämter auch mit dem Fall Starbucks beschäftigen werden und dann werden wir ja sehen, zu welchem Schluss sie kommen. Wenn Sie hier schon mehr wissen, dann würde mich das natürlich interessieren. Aber dann hätten Sie es doch auch geschrieben, oder?
Insgesamt glaube ich nicht, dass der Artikel Unternehmen darin unterstützt in Deutschland Arbeitsplätze zu schaffen und zu investieren. Ich würde mich daher freuen, wenn Sie über ihre Berichterstattung nochmals nachdenken würden.
Viele Grüße
Andreas Riedl