Über den Spieltrieb und die (Un)Moral der Schwalben

Spieltrieb bedeutet laut Duden “Lust, Freude, Vergnügen am Spiel, an spielerischer Betätigung”. Vor einigen Jahren hat Juli Zeh einen Roman mit diesem Titel geschrieben, ich bin erst jetzt zum Lesen gekommen und musste während des Lesens in den letzten Tagen nochmals an eine Diskussion auf Twitter denken, die ich zuletzt geführt habe.

Die Kernfrage des Buchs kann man dabei vielleicht kurz so zusammenfassen: Was ist richtig und falsch bzw. kann überhaupt zwischen richtig und falsch unterschieden werden? Der Spieltrieb und teilweise spieltheoretische Überlegungen der Protagonisten werden hierbei dazu genutzt die Entscheidungen von Menschen in unterschiedlichen Situationen zu beurteilen und das Buch kommt dabei nie zu einem leichten Urteil. Insgesamt ist es aber gerade deswegen ein sehr lesenswertes Werk.

Die Frage, die ich zuletzt mit Christoph Fetzer auf Twitter ganz konkret diskutiert habe, war:

Es ging um den Elfmeter, den Diego Costa im ersten Gruppenspiel von Spanien gegen die Niederlande nach ungefähr einer halben Stunde herausgeholt hatte. Christoph vertritt hier die Meinung, dass ein Stürmer im Strafraum den Kontakt suchen darf, wenn er ihm vom Verteidiger durch eine Grätsche angeboten wird. Im vorliegenden Fall ist Costa gefallen, nachdem er auf seinen Gegenspieler getreten war, der gegrätscht hatte. Die verbreitete Meinung zur Einzelsituation war, dass es sich in der Situation wohl nicht um ein Foul des Verteidigers und entsprechen nicht um einen Elfmeter gehandelt hat.

Christophs Aussage bezog sich nicht auf die Situation im Speziellen sondern auf ähnliche Situationen im Strafraum. Ich habe Christoph auf Twitter trotzdem vehement widersprochen:

Ich habe das Schinden von Elfmetern schon immer verabscheut. In meiner Jugend habe ich Andreas Herzog und Andi Möller nie verziehen, dass sie bei jedem kleinsten Kontakt einen Elfer wollten und auch viele bekamen. Ich mag Spieler, die den Abschluss vor dem Tor dem Elfmeter vorziehen und nicht einfach zu Boden gehen. Um auf Juli Zeh zurückzukommen: Nur weil etwas nicht direkt falsch ist (beim geringsten Kontakt zu fallen bzw. einzufädeln) wird es dadurch auch nicht richtig. Und mit Moral hat das Ganze erst recht nichts zu tun.

Mein Verständnis von Fussball und Fairplay ist da entsprechend eher von der englischen Art: Howard Webb hat im Spiel Brasilien gegen Chile gestern viele solcher Situationen einfach weiterlaufen lassen. In England wird man wohl für leichte Faller immer noch ausgepfiffen. Für Spieler, die es nicht lernen schadet es auch nicht gelbe Karten für Schwalben konsequent einzusetzen, damit es im Spiel weiterhin auf das Talent am Ball und nicht im Fallen ankommt.

P.S.: Ähnlich geht es mir auch beim Fordern von gelben Karten für den Gegenspieler bzw. beim Feiern von Elfmeterpfiffen. Bitte einfach lassen.

P.P.S: Eine begrenzte Anzahl von Strafraum-Challenges für beide Teams zum Überprüfen von solch strittigen Situationen halte ich für eine gute Idee.

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