Albumreview: Dreiviertelblut – Lieder vom Unterholz

Über Dreiviertelblut bin ich durch Zufall gestolpert, als ich die Bayern 3 Compilation Heimatsound gehört habe. Ihr Titel “Deifedanz” auf dem Doppelalbum hat schon damals dazu geführt, dass ich die Füße nicht mehr still halten konnte. Auch die bayrische Mundart schreckt mich persönlich nicht ab, sondern macht die Musik für mich noch ansprechender.

httpv://www.youtube.com/watch?v=vRKRtYWskAg

Entsprechend musste ich nachforschen und habe das erste Album der Band Lieder Vom Unterholz aufgestöbert. Verantwortlich für die Musik sind Sebastian Horn, Sänger der Bananafishbones (und womit wir wieder bei Jugendeinflüssen wären) und Gerd Baumann, der hier im Blog schon Thema beim Soundtrack zu Beste Chance war.

Bevor ich das Album eingelegt habe, bin ich davon ausgegangen, dass die Titel alle schnell und schwungvoll sind, genau wie “Deifedanz”. Aber schon der erste Titel zeigt, dass das Album eine vielschichtige musikalische Erfahrung bietet. “Himmelblau” ist ein langsamer Opener, ein melancholisches Stück, dass deutlich macht, wie vielschichtig das Album wird. Auch “Amoi” schlägt als dritter Titel nach “Deifedanz” ruhige, traurige Töne an. Schwermut kommt auf und die berührenden Texte bringen einen zum Grübeln. Das “Sauflied” lockert danach die Stimmung wieder auf, indem es den Hörer auf eine bayrische Sauftour mitnimmt. Aber schon bei “Heid muast no woana” geht’s wieder um den Tod, während “Hollerkiacherl” den Sommeranfang am besten beschreibt. Sehr passend im Moment.

httpv://www.youtube.com/watch?v=HSKRbT-xOYg

“Wann i Dann” behält dann den Wechsel bei und schlägt ruhigere Töne an. Wunderschön!

httpv://www.youtube.com/watch?v=G4709qeF5cw

“Heigelkopf” erzählt eine Geschichte aus dem Isartal und dem Widerstand gegen die Nazis in 1933. “Blutsauger” ist danach beschwingter und humorvoller, erzählt von Abzockerkultur auf unterhaltsamste Art und Weise. “As erschte Moi” ist wie ein kühles Lüftchen bei offenem Fenster im Sommer. Ein klarer Gedanke, der durch den Raum fliegt. Danach nimmt “Oda gemma hoim” Schwung auf. Ein Polka auf das Problem des Versackens in Kneipen – mir nur allzu bekannt. “Nacht is woan” schlägt hernach schon wieder Abschiedstöne an. Der Tod spielt eine bedeutende Rolle auf diesem Album und lässt sich nicht verdrängen. Das ist positiv, weil es viel zu selten der Fall ist. “Paradies” nimmt genau diese Fährte in Richtung Jenseits wieder auf und erzählt vom Abschied. “2 schwarze Voegl” ist dann ein sehr ruhiges Stück über die Dunkelheit, bevor “Falak” eine poetische Geschichte zum Abschluss des Albums bietet, die einen tollen Schlusspunkt setzt.

Dreiviertelblut berühren mich. Die Musik trifft die Mischung zwischen klassischer Kammermusik mit popigen Einflüssen. Der Klang ist etwas besonderes und hebt sich vom Radioeinerlei deutlich ab. Insgesamt klingt das Album toll und die Texte treffen mich ins Herz. Beim Hören will ich mir eine Flasche Klaren danebenstellen und mit den Jungs über ihre tiefsinnigen Gedanken philosophieren, bevor das Ganze in einer großen Party auf das Leben endet.  Die Musik von Dreiviertelblut gehört zu meinen derzeitigen Favoriten.

Album Review: Heimatsound

Zwischen all den neuen Alben habe ich im Radio auf einer Fahrt durch Bayern auch die Werbung für den Heimatsound Sampler von Bayern 2 gehört. Nach einem Blick durch die Liste der vertretenen Künstler habe ich beschlossen, dass der Sampler einen genaueren Blick verdient hat. Jamaram und Blumentopf waren beide bei mir schon in der Vergangenheit mit so manchem Album auf Dauerrotation und von anderen Künstlern kannte ich zumindest die Namen. Nachdem der Sampler zwei CDs mit je 21 Tracks umfasst, will ich im Folgenden “nur” meine Highlights kurz vorstellen. Der Sampler ist allerdings insgesamt so abwechslungsreich, wie ich das selten bei einer solchen Zusammenstellung gehört habe und sollte für fast jeden ein Schmankerl bereithalten.

Klar, die Opener sollten beide knallen und das tun sie auch. CD1 eröffnet LaBrassBanda mit viel Schwung und man will direkt mehr:

httpv://www.youtube.com/watch?v=9RvTyNGWPrg

Eine weibliche, türkischstämmige MC aus München verbirgt sich hinter Ebow und der Track “Oriental Dollar” gehört mit zum originellsten was der Sampler zu bieten hat:

httpv://www.youtube.com/watch?v=Dra84lY1lR4

Aber auch ruhigere Tracks sind auf den beiden CDs vertreten und Ami ist mit “Blessing & Curse” hier ein Highlight:

httpv://www.youtube.com/watch?v=h5Yu1PUDaD0

Später bringt es die Mundwerk-Crew dann auf den Punkt und präsentiert die Hymne für alle gebürtigen Bayern:

httpv://www.youtube.com/watch?v=O5fsctPpBTA

Die zweite CD wird dann von Moop Mama mit ihrem Urban Brass eröffnet. Der Track ist zwar schon älter, aber er wird dadurch kein Stückchen schlechter:

httpv://www.youtube.com/watch?v=osQBx_YFBRY

Dreiviertelblut ist dann eine der großen positiven Überraschungen, da mir der Name der Gruppe bis dato vollkommen unbekannt war. Aber die Stimme der Gruppe hat mich schon in jungen Jahren (noch bei den Bananafishbones) begeistert und der vertretene Track ist sehr tanzbar und lustig:

httpv://www.youtube.com/watch?v=dvD39RUkKDE&list=PLP4hePAK6Tv5IA1bUXVIp3YKrMZWnMQhj&index=44

Auch Fiva & das Phantom Orchester sind  mit einem etwas älteren Track vertreten, aber “Die Stadt gehört wieder mir” ist der Stimmungsaufheller schlechthin:

httpv://www.youtube.com/watch?v=LQQ7apHJbVE

Zum Abschluss noch ein sehr originelles Stück von HMBC dessen Titel “What Happened To The Edelweiß I Gave You Last Night” schon allein für Aufsehen sorgt. Für alle, die sich wundern, der Dialekt ist nicht mehr bayrisch sondern aus Voralberg in Österreich:

httpv://www.youtube.com/watch?v=j7SgtDNQCog

Insgesamt findet wohl jeder seine eigenen Lieblinge beim Durchhören. Manche Tracks haben mir auch nicht zugesagt aber die große Vielfalt der Scheiben ist sicher ein Plus sowohl des Samplers insgesamt als auch der heimischen Musikszene in Bayern. Reinhören lohnt hier in jedem Fall.

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