Über 10% der bayrischen wahlberechtigten Bevölkerung haben sich bis zum 31.01.2013 bei einem Volksbegehren eingetragen, damit sich der bayrische Landtag nochmals mit dem Thema der Studiengebühren fürs Erststudium beschäftigen muss. Sollte der bayrische Landtag die Studiengebühren nicht abschaffen, wird es zu einem Volksentscheid kommen. Die Studiengebühren, die in Bayern offiziell Studienbeiträge heißen, sind daher noch nicht abgeschafft. Jetzt kommt es vor allem darauf an, wie sich die Regierungsparteien CSU und FDP in Bayern verhalten.
Sebastian Beck hat die Situation für die Süddeutsche Zeitung kommentiert und gibt dabei erstaunliches von sich. So stellt er fest, dass die Universitäten mit dem Geld nachweislich die Studienbedingungen verbessert haben. Er scheint dabei zu ignorieren, was von seiner eigenen Redaktion noch im April 2012 veröffentlicht wurde: Es gibt massive Probleme beim Ausgabeverhalten der Universitäten. Im Zweifel wird das Geld erstmal auf einem Bankkonto gebunkert und viel später ausgegeben. Das hat sogar die CSU schon 2011 kritisiert, damals aber noch den Studiengebühren festgehalten. Die Studierenden, die die Gebühren entrichtet haben, profitiern so natürlich nicht von den Verbesserungen. Zudem ist es an vielen Stellen schwer abzugrenzen, welche Ausgaben eine Sicherung der Grundversogerung darstellen und welche Ausgaben explizit zu Verbesserungen der Studienbedingungen führen. Die Studiengebühren waren somit seit ihrer Einführung kein Erfolgsprojekt.
Die CSU ist in diesem Porzess zur getriebenen Partei geworden. Sie hat die Studiengebühren mit ihrer Mehrheit (damals noch ohne Koalitionspartner) zum Sommersemester 2007 hin eingeführt. Zudem fühlte sie sich noch vor dem Volksbegehren an den eigenen Koalitionsvertrag mit der FDP gebunden und sah sich deshalb nicht in der Lage, die Studiengebühren wieder abzuschaffen. Seit dem erfolgreichen Ende des Volksbegehrens ist die CSU bezüglich der Kommunikation zu diesem Thema vollends umgeschwungen. Nun stellt sich die CSU selbst als Heilsbringer dar. Auch wenn sich der Koalitionsvertrag mit der FDP nicht geändert hat, will die CSU nun nochmal über das Thema mit ihrem Koalitionspartner verhandeln und wird wohl nun in den Verhandlungen große Zugeständnisse machen müssen, um das Thema nicht bis zu den Wahlen im Herbst zu verschleppen.
Aussagen von manchem CSU-Politiker verdrehen die Realität nach dem Volksbegehren entscheidend. Dorothee Bär erklärt auf der Internetseite von CSUnet einen ihrer Tweets zu diesem Thema. Dazu ist es gut zu wissen, dass Fr. Bär keine Landtagsabgeordnete war oder ist. Allerdings weiß sie zu berichten, dass es gute Gründe für die Einführung der Studiengebühren gab. Laut ihrem Blogeintrag hat sich die Situation seit 2006 geändert. Bayern kann sich Mehrausgaben für Universitäten wohl heute durch eine solide Haushaltspolitik leisten. In diesem Punkt verstehe ich die Änderung zu 2006 nicht. Der Freitstaat Bayern hat laut der eigenen Webseite seit neun Jahren keine neuen Schulden mehr aufnehmen müssen. War die Haushaltspolitik der CSU früher nicht solide? OK, man denke kurz an das Landesbankdesaster, aber das war ja erst nach Einführung der Studiengebühren. Davon hätte man 20 Jahre lang die Studiengebühren aller Studierenden zahlen können, aber das nur nebenbei. Zudem zahlt der Freistaat Bayern seit 1995 nur noch in den Länderfinanzausgleich ein. Also gab es auch hier keine Änderung seit 2006. Ich bitte Dorothee Bär auf diesem Weg mir zu erläutern, welche Änderungen Sie denn konkret meint, die seit 2006 eingetreten sind und die die Meinung innerhalb der CSU genau im letzten Winter geändert haben.
Schon Mitte 2011 gab es innerhalb ihrer Partei Diskussionen um die Studienbeiträge. Damals schon konnte sich die CSU nicht zu einer Abschaffung durchringen. Haben sich seitdem die Umstände geändert? Das kann ich mir nicht vorstellen, lasse aber gerne mit mir darüber reden. Georg Schmid weiß heute schon was passieren wird: Die Studienbeiträge werden abgeschafft. Diese Prognose ist wohl richtig, denn wenn es darauf ankommt haben die bayrischen Bürger gerade erst gezeigt, dass für sie dieses Thema bedeutend ist. Und nachdem die CSU bei diesem Thema seit so vielen Jahren einen Fehler nach dem anderen macht, und einfach nicht bereit ist diese einzugestehen, wird der Wähler das Problem im Notfall schon lösen. Was mich insgesamt in dieser Situation abschreckt: Warum müssen die entsprechenden Politiker wie z.B. Dorothee Bär jetzt versuchen, sich die Wahrheit zurecht zu drehen. Fehler passieren. Die Einführung der Studiengebühren war ein Fehler. Dieser wird nun (hoffentlich) korrigiert. Gebt es doch einfach zu! Wäre ich noch bayrischer Wähler, dann würde ich mir verarscht vorkommen. Und ich würde alleine aus diesem Grund die entsprechende Partei bzw. Personen nicht mehr wählen.